Zur fristlosen Kündigung bei Androhung der Eigenkündigung
Konflikte am Arbeitsplatz mit Vorgesetzten oder gar dem Chef selbst führen schnell zur Unzufriedenheit. Gerade in der aktuellen Zeit, wo in vielen Bereichen Fachkräftemangel herrscht, versuchen immer mehr Arbeitnehmer ihre Position und Stellung auszunutzen. Nicht selten drohen Arbeitnehmer den Arbeitgebern damit, eine Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen, wenn der Arbeitgeber ihren Forderungen nach Veränderung nicht nachkommt.
Immer häufiger werden solche Drohungen eigener Kündigung durch angestellte Mitarbeiter beobachtet, wenn der Arbeitgeber Forderungen auf höheres Gehalt, mehr Freizeit, mehr Urlaub oder auch innerbetrieblichen Veränderungen nicht erfüllen will. Derartige Kündigungsandrohungen setzen den Arbeitgeber häufig unter Druck und belasten das Arbeitsverhältnis immens, führen schnell zu unüberlegten Entscheidungen auf Arbeitgeberseite.
Ein Arbeitgeber will natürlich keinen unzufriedenen Arbeitnehmer beschäftigen. Droht der Arbeitnehmer eine Kündigung an, dokumentiert er aus Sicht des Arbeitgebers kein Interesse an dem Bestand des Arbeitsverhältnisses zu haben. In solchen Fällen lassen sich Arbeitgeber gerne dazu hinreißen, eine arbeitgeberseitige, fristlose Kündigung auszusprechen.
VORSICHT: Will ein Arbeitgeber fristlos kündigen, benötigt er einen „wichtigen Grund“. Ob ein solcher besonders schwerwiegender Grund vorliegt, der eine fristlose Kündigung als letztes Mittel rechtfertigt, muss in jedem Einzelfall geprüft werden.
Eine erpresserische Drohung des Arbeitnehmers kann eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen im Arbeitsverhältnis durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. So kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Äußerung noch nicht bestehenden Erkrankung, für den Fall dass der Arbeitgeber einem Verlangen auf Urlaubsgewährung nicht entsprechen sollte, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen, die keiner vorherige Abmahnung bedarf. Entscheidend für den Prüfungsmaßstab ist die Widerrechtlichkeit der ausgesprochenen Drohung. Ist der Arbeitnehmer zum Ausspruch einer angedrohten Eigenkündigung berechtigt, so kann die Drohung hiermit wohl keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitgebers darstellen. Droht der Arbeitnehmer jedoch beispielsweise mit einer fristlosen Kündigung, zu welcher er nicht berechtigt ist, und ist ihm bewusst, dass der Arbeitgeber auf seine Arbeitsleistungen angewiesen ist, kann hierin durchaus im Einzelfall ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber gesehen werden. Dies gilt erst recht, wenn in diesem Zusammenhang durch den Arbeitnehmer weitere rechtswidrige Drohungen ausgesprochen werden.
Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der Arbeitgeber in gewissem Umfang eine angedrohte Eigenkündigung hinnehmen muss, im Einzelfall jedoch eine wirksame fristlose Kündigung als Reaktion des Arbeitgebers erfolgen kann.
Rechtsanwalt Christoph Scharf
auch Fachanwalt für Medizinrecht
Veröffentlicht am 18./19.11.2023 „Der Neue Tag“, Oberpfalzmedien