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Sitzblockade : 2 Richter – 2 Meinungen

Die Strafbarkeit von Sitzblockaden ist bis heute ungeklärt

Klimaaktivisten können kein Bewusstsein der deutschen Regierung für die existenzielle Bedrohung der Gesellschaft durch den Klimanotfall erkennen. So begannen Aktivisten unter dem Namen der letzten Generation Anfang 2022 die meistbefahrene Autobahn Deutschlands zu blockieren. Seither kommt es immer wieder zu Sitzblockaden, mit denen das Ziel verfolgt wird, gerade den Berufsverkehr lahm zu legen und stundenlange Verzögerungen zu verursachen.

Hierdurch ist eine lebhafte Diskussion über die Frage entstanden, ob das Protestieren durch Sitzblockaden lediglich politisch und moralisch zu kritisieren sei oder, ob es sich um eine Straftat handelt, solche Blockaden durchzuführen. Zutreffend hat der Justizminister bereits auf die grundsätzliche Strafbarkeit einer Nötigung, § 240 StGB hingewiesen. Bei der Nötigung handelt es sich um den zentralen Tatbestand einer Blockade, auch wenn Blockaden in aller Regel friedlich gestimmt sind, unbeschadet der Tatsache, bereits dem Grunde nach auf Störung angelegt zu sein.

Zwischenzeitlich sind verschiedene Klimaaktivisten angeklagt worden. Die Strafbarkeit von Sitzblockaden der letzten Generation wird von der Justiz jedoch nicht einheitlich gesehen.

Besonders eindrucksvoll ergibt sich dies in Bezug auf die strafrechtliche Beurteilung ein und desselben Sachverhaltes, nämlich einer Klima-Blockade in Freiburg vom 07.02.2022. Zwei der dreizehn Aktivisten hatten sich am 21. und 22.11.2022 vor dem Amtsgericht Freiburg zu verantworten. Während noch am 21.11.2022 der 31-jährige Aktivist freigesprochen wurde, erfolgte nur einen Tag später die Verurteilung eines zweiten Aktivisten wegen Nötigung. Es urteilten zwei unterschiedliche Richter mit unterschiedlichen Rechtsansichten, getreu der Redewendung: Zwei Juristen, drei Meinungen.

Im Wesentlichen ergibt sich aus den Urteilsbegründungen der beiden Richter, dass der Sachverhalt identisch beurteilt wurde. In rechtlicher Hinsicht streiten sich die Juristen – was aus den beiden Entscheidungen deutlich wird – allein darüber, ob die Nötigungshandlung im Verhältnis zu ihrem Zweck als „verwerflich“ einzustufen ist. Ist die Versammlungsfreiheit höher zu bewerten als die Fortbewegungsfreiheit der Autofahrer? Für die Verwerflichkeit von Sitzblockaden spricht, dass nur eine zufällige Auswahl von Autofahrern blockiert wird, ohne Ansehnung des genutzten Fahrzeuges und ohne eines Emissionausstoßes. Politische Aktionen, die die Grundrechte zufälliger Dritter beeinträchtigen, können nicht dadurch an sozialer Erträglichkeit gewinnen, dass sich die politische Situation auf ein Thema bezieht, welches – wie der Klimaschutz – weitestgehend Jedermann betrifft. Es geht den Aktivisten um die Behinderung der Autofahrer, um der Behinderung selbst willen. Eine solche Instrumentalisierung der Autofahrer ist als verwerflich anzusehen.

Um in derartigen Fällen eine einheitliche Rechtsprechung zu schaffen, wird es zunächst einer höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den BGH und / oder das BVerfG bedürfen. Bis dahin gilt: Auf den richtigen Richter kommt es an!

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